Hausarztpraxis am Limit: Warum Hausbesuche immer schwieriger werden!
Mit der Anforderung von Hausbesuchen werden wir fast täglich konfrontiert. Kein Wunder, suggeriert doch der Name Hausarzt, dass es sich hier um einen Berufsstand handelt, der zu einem nach Hause kommt. Vielleicht haben auch Sie die Bilder von früher oder Fernsehserien im Hinterkopf, wo der Arzt mit Köfferchen „bewaffnet“, mit wehendem Kittel eilig aus der Praxis hinausläuft und zu einer Patientin/einem Patienten fährt.
Wie so oft, hat die Realität mit dieser fiktiven Welt nicht viel gemeinsam. Hausbesuche sind das letzte Instrument für pflegebedürftige und bettlägerige Menschen, die zu Hause oder in einem Altenpflegeheim versorgt werden, um klinische Untersuchungen durchzuführen, zu impfen oder Blutproben abzunehmen. Für die Akutversorgung von Notfällen sind die Hausbesuchstaschen nicht ausgerüstet und Notarzt / Rettungsdienst sind schneller, mit mehr Personalpower und besserem Equipment bei Ihnen zur Stelle.
Bei jeder Anforderung von Hausbesuchen versucht mein Team bereits am Telefon zu entscheiden, ob dieser wirklich erforderlich und zielführend ist oder ob nicht ein Besuch in der Praxis möglich ist. Auch übersandte Bilder mit dem Smartphone von Wunden können unsere Arbeit erleichtern und machen vielleicht das persönliche Aufsuchen entbehrlich. Es wird sie vielleicht verwundern, dass teilweise Hausbesuche von Patientinnen und Patienten aber auch Angehörigen angefordert werden, die am gleichen Tag zum Augenarzt, Kardiologen oder Frisör gefahren werden können, aber für den Weg zum Hausarzt reicht es nicht… und damit sind wir bei einem Kernproblem angekommen: Zeit und Geld! Ein Hausbesuch benötigt ein Vielfaches der Zeit, die bei der Versorgung in der Praxis anfällt und dort steht ein Praxisteam für die administrative Unterstützung zur Verfügung.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen können sich seit Jahren nicht dazu durchringen, die bisherige, großzügige Vergütung von knapp 25 Euro inkl. Wegegeld im Stadtbereich auf eine zeitgemäße Vergütung anzupassen. Wir sprechen hier von 25 Euro brutto für einen Arzteinsatz! (Ohne polemisch sein zu wollen, bitte versuchen Sie, für diesen Satz einen Monteur zu Ihnen nach Hause zu bewegen.)
Hausbesuche bedeuten somit im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hauptsächlich ein betriebswirtschaftliches Minusgeschäft und werden aus Pflichtgefühl absolviert, wenn erkennbar ist, dass der Hausbesuch zielführend ist.
Verzeihen Sie mir diese persönlichen, ehrlichen Worte und Zeilen, die aber in einer Zeit, in denen die Diskussion um knapper werdende Ressourcen in Hausarztpraxen täglich geführt wird, erlaubt sein muss.
Ihr Dr. med. Andreas Dahlen